Nach der Eingliederung von Minden-Ravensberg in das Königreich Preußen, welche durch das Besitzergreifungspatent vom 21.6.1815 feierlich erfolgte und durch den Art. 23 der Wiener Schlussakte vom 9.7.1815 bestätigt wurde, änderte sich die Gerichtsorganisation erneut grundlegend.


Durch die Reformen von 1815/16 wurden für die Justizangelegenheiten nunmehr erstmals Oberlandesgerichte geschaffen, denen die einzelnen Land- und Stadtgerichte unterstellt wurden. Vorgesehen waren für Westfalen Oberlandesgerichte in Münster, Arnsberg, Paderborn und Hamm. Zunächst befand sich aber eine Oberlandesgerichtskommission in Minden, der die Land- und Stadtgerichte in Rietberg und Wiedenbrück unterstanden.


Rheda wurde zum Oberlandesgericht Münster gelegt, kam jedoch bereits 1817 zum OLG Paderborn. 1816 wurde die Mindener Oberlandesgerichtskommission zum OLG Paderborn verlegt. 1850 wurden die Oberlandesgerichte in Appellationsgerichte umbenannt.

Wiedenbrück


Erster Land- und Stadtrichter in Wiedenbrück wurde von 1815 – 1850 der Justizamtmann Harsewinkel (ab 1841 Direktor, ab 1849 Kreisgerichtsdirektor).


Der bereits erwähnte Carl Bernhard Joseph Temme war bis zu seiner Pensionierung 1829 als Assessor zweiter Richter. Nebenbei war er Depositalkassenrendant und in der fürstlichen Kammer in Rheda beschäftigt. Temme folgten die Assessoren Neukirch (1829 –1843), Peus (1843 – 1846), Heising (1846 – 1850).


Das Gericht hatte sein Domizil seit 1818 zunächst in einem Nebengebäude des Amtshauses auf dem Reckenberg (dem Nachfolgebäude der alten Burg). Nachdem ein Angebot der Stadt Wiedenbrück auf Überlassung des Annuntiatenklosters vom Justizfiskus abgelehnt worden war, wurde am 30.6.1827 das Obergeschoss des damaligen Wiedenbrücker Rathauses (heutiges Standesamt) für eine Jahresmiete von "60 Talern Courant" angemietet. Dem Mietvertrag kann ein großes Interesse der Stadt Wiedenbrück entnommen werden, das Gericht in der Stadt zu behalten, da sich die Stadt verpflichtete, das Obergeschoss in aufwändiger Weise für die Belange der Justiz herzurichten (etwa für die geplante Kassenstube ein Einbau von eisenbeschlagenen Türen "aus starkem Eichenholz"). 1842 befreite die Justiz die Stadt Wiedenbrück von der offenbar als drückend empfundenen mietvertraglichen Verpflichtung auf Kosten der Stadt in allen Räumen des Gerichts stets funktionsfähige Öfen vorzuhalten.

 

Rietberg


In Rietberg entstand im Mai 1815 zunächst ein Königlich Preußisches Land- und Stadtgericht. Sitz sollte ein für die fürstlichen Registraturen und das Archiv neu errichtetes Gebäude sein. Die auf Kosten Preußens bereits begonnenen Umbauarbeiten wurden jedoch untersagt, da nach Artikel 14 der Wiener Bundesakte den ehemaligen Landesherren die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit in erster Instanz zugebilligt worden und längere Zeit unklar war, ob der Fürst von Kaunitz-Rietberg die Gerichtsbarkeit übernehmen würde.


Das Gericht kam daher mit seinem ersten Richter Winter zunächst im Rietberger Rathaus unter.


Erst im August 1817 teilte der Fürst dem OLG Paderborn mit, dass er nunmehr die Gerichtsbarkeit in der Grafschaft Rietberg übernehmen wolle. Das königliche Land- und Stadtgericht wurde förmlich aufgelöst, an seine Stelle trat das "Fürstlich Kaunitzsche Gericht der Grafschaft Rietberg", das 1818 in das ursprünglich vorgesehene fürstliche Gebäude umzog.


Erster Gerichts-Dirigent des Gerichts wurde Benedikt Pelizaeus (von 1815 – 1850), der zuvor schon Friedensrichter in Rietberg gewesen war. Als Assessoren waren u.a. tätig Harsewinkel, Schaumburg, Tiemann und Gehrken.


1820 ordnete der Fürst Sparmaßnahmen an, der Assessor Harsewinkel und der Registrator Kirchhof wurden entlassen. Auf Gegenvorstellungen wies der Fürst auf die Genügsamkeit seiner sonstigen Untertanen in der mährischen Herrschaft Brod hin:
" ....wenn in Rietberg bei ungefähr gleicher Bevölkerung zwei Gerichtsbeamte nicht auslangen sollten, so würde das nur beweisen, dass die Rietberger prozesssüchtiger als meine Slowaken sind."


1835 wurde die Standesherrschaft an den Gutsbesitzer Tenge verkauft, welcher die Gerichtsbarkeit für sich beanspruchte. Das OLG Paderborn vertrat die Auffassung, dass durch den Verkauf der Herrschaft die standesherrlichen Gerichtsrechte nicht mit übergegangen seien. Diese Rechtsauffassung wurde durch das Justizministerium bestätigt, welches ebenfalls der Auffassung war, dass höchstpersönliche Rechte nicht durch Verkauf übergehen könnten.


Zum 1.1.1836 wurde das Gericht wieder Königlich Preußisches Land- und Stadtgericht.

Rheda


In Rheda bestand seit 1815 zunächst ein Land- und Stadtgericht. Dieses wurde in den Jahren 1831 und 1834 aufgrund von Verträgen (Rezessen) zwischen Preußen und dem Fürsten umgewandelt in das Fürstlich Bentheim-Tecklenburgische Gericht der Herrschaft Rheda. Als Fürst Bentheimscher Land- und Stadtgerichtsdirektor ist von 1824–1850 der Richter Regenherz verzeichnet. Weitere Richter bzw. Assessoren waren Misch, Mitze, Rauschenbach und Niemann.


Mittelalter
Westfälisch-Französiche Zeit (1806 - 1815)
Neuere Preußische Zeit (1815 - 1848)
Neuorganisation nach 1848
Zeit ab 1879
Die Zeit des Nationalsozialismus
Nach dem zweiten Weltkrieg