Mit der sogenannten "Stunde Null" am 08. Mai des Jahres 1945 lag nicht nur das Deutsche Reich in Trümmern, sondern auch seine Institutionen unter Einschluss der Justiz waren personell und sachlich handlungsunfähig. Der hiesige Bezirk war britisch besetzt, so dass es speziell Großbritannien oblag, möglichst schnell funktionierende Verwaltungs- und Gerichtsstrukturen aufzubauen.

Die hiesigen Gerichte wurden erst als letzte des Landgerichtsbezirks Bielefeld mit Verfügung der Militärregierung vom 31. Januar 1946 (Justiz-Blatt für Westfalen-Lippe 1946, Seite 8) wiedereröffnet.


Amtsgericht Rietberg

Das Amtsgericht wurde ab 1946 als Einmanngericht geführt und von 1949 bis zu seiner Pensionierung Ende 1970 von dem Amtsgerichtsrat Dr. Franz Siepmann geleitet. Im Urlaub oder im Krankheitsfall wurde er in der Regel von Richtern des Amtsgerichts Wiedenbrück vertreten.

Gleichzeitig mit der Pensionierung Dr. Siepmanns wurde das Amtsgericht erneut aufgelöst. Es hatte nichts geholfen, dass bei der Wiedereröffnung am 1.10.1933 mehrere Festredner der Hoffnung Ausdruck gegeben hatten, das Amtsgericht werde "der Stadt niemals wieder genommen" und "durch weitere Jahrhunderte hindurch" bestehen bleiben.

Durch das "Gesetz zur Neugliederung des Kreises Wiedenbrück und von Teilen des Kreises Bielefeld" vom 4.12.1969 wurde Rietberg an den Bezirk des Amtsgerichts Rheda-Wiedenbrück angegliedert. Das Amtsgericht wurde mit Ablauf des 31.12.1970 aufgehoben.


Amtsgericht Wiedenbrück

Als aufsichtsführender Richter wurde von der britischen Militärregierung bereits im Jahre 1945 (noch vor der formellen Wiedereröffnung des Gerichts) erneut der Amtsgerichtsrat Karl Schulte eingesetzt.

Zeitweise (1949) übernahm der Gerichtsassessor Schweisshelm kommissarisch die Leitung des Gerichts.

Im Juni 1949 wurde der frühere Landgerichtsrat Dr. Dannegger an das Amtsgericht versetzt, 1951 zum aufsichtsführenden Amtsrichter bestellt und 1953 zum Oberamtsrichter befördert.

1960 schied Dr. Dannegger offenbar auf eigenen Wunsch aus dem Justizdienst aus.

Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg war geprägt von ständiger Raumnot des Amtsgerichts. In den beiden Ortsteilen Rheda und Wiedenbrück wurden zahlreiche –wechselnde - Nebenstellen unterhalten. Zeitweise wurde sogar daran gedacht, "Bürobaracken" aufzustellen. Zu der Raumnot trug bei, dass das Amtsgericht parallel zu der Entwicklung des Bertelsmann Buchklubs (mit dem Gerichtsstand Rheda-Wiedenbrück) ständig wuchs. Die Zahl der Zivilsachen und insbesondere der Zahlungsbefehlsanträge (heute Mahnbescheidsverfahren) wuchs sprunghaft an und damit die Zahl der benötigten Mitarbeiter.

Krankheitsbedingte Ausfälle der Wachtmeister des Amtsgerichts waren immer häufiger auf Sehnenscheidenentzündung und Schulterbeschwerden zurückzuführen, weil von ihnen teilweise täglich mehrere hundert Zahlungsbefehlsanträge jeweils mit mehreren Durchschlägen zu stempeln waren.

Die Notwendigkeit, die Behörde wieder unter einem Dach zu vereinen, wurde von den späteren Direktoren des Amtsgerichts Hubert Strothjohann (1960 – 1979) und Hans-Joachim Hellemann (1979 – 2001) immer wieder angesprochen.

Bereits seit 1964 besaß die Justiz ein Grundstück auf dem Reckenberg, trotz aller Bemühungen gelang es jedoch nicht, die Bebauung voranzutreiben. Auch ein angedachter Umzug in das Gebäude der Kreisverwaltung kam nicht zustande.

1987 wurden der Öffentlichkeit konkrete Baupläne für eine Bebauung des Justizgrundstücks "An der Tiefe" vorgestellt. Teile des geplanten T-förmigen Gebäudes sollten auf Stelzen im dortigen Teich stehen. Nachdem auch diese Pläne gescheitert waren, wurde schließlich 1998 (Einzug 1999) quer hinter dem alten Gebäude des "Königlich Preußischen Amtsgerichts" ein moderner Anbau errichtet, in dem ein neuer zentraler Haupteingang mit Behindertenaufzug und einer Sicherheitsschleuse entstand.


(Quellen u.a.: Geh. Justizrat von Borries "Festschrift zur Einweihung des neuen Dienstgebäudes des Landgerichts - Beitrag zu einer Geschichte des Gerichtswesens in dem Bezirk des Königlichen Landgerichts Bielefeld", Verlag von Velhagen und Klasing Bielefeld 1917;

Meier, Johannes; Ossenbrink, Jochen: "Die Herrschaft Rheda, Eine Landesaufnahme vom Ende des Alten Reiches", Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld 1999";

Hermann Niebuhr "Das Gerichtswesen in der Stadt Rietberg" in "700 Jahre Stadt Rietberg 1289-1989" Hrsg. Alwin Hanschmidt, Rietberg 1989)


Mittelalter
Westfälisch-Französiche Zeit (1806 - 1815)
Neuere Preußische Zeit (1815 - 1848)
Neuorganisation nach 1848
Zeit ab 1879
Die Zeit des Nationalsozialismus
Nach dem zweiten Weltkrieg